SAP-Chef Christian Klein sprach mit dem Magazin Spiegel über die Herausforderungen der Digitalisierung in Deutschland.
Im Oktober des vergangenen Jahres trat überraschend SAP-Vorstandssprecher Bill McDermott zurück – seine Nachfolge teilen sich seither Jennifer Morgan und Christian Klein. Letzterer ist seit mehr als 20 Jahren bei SAP, dem Spiegel stand er zu Beginn des Jahres in einem Gespräch Rede und Antwort. Dabei ging es um deutsche Firmen und die Digitalisierung, digitale Bildungspolitik und Datenschutz. Der SAP-Chef konstatierte, dass viele deutsche Firmen einfach zu gut seien, um sich neu zu erfinden. „Viele Unternehmen wachsen und sind erfolgreich – und sehen nicht ein, warum sie sich ändern sollen”, lautet sein Fazit. Diese “Resistenzen gegen Veränderungen” seien der Grund dafür, dass das Thema “Digitalisierung” an die IT ausgelagert werde und nicht den Stellenwert bekomme, den es verdiene.
Auch bei SAP habe es in der Vergangenheit Diskussionen um die Ausrichtung des Unternehmens gegeben – entscheidend sei hier das Thema “Cloud” gewesen, mit dem der größte Softwarehersteller Europas den erfolgreichen Weg in die Zukunft beschritt. Dennoch laufe aktuell nicht alles perfekt, befindet Klein im Spiegel-Gespräch. Die Unzufriedenheit der Kunden mit der Produktstrategie von SAP lasse sich aber erklären: “Wir haben viele Akquisitionen getätigt und uns zu lange Zeit gelassen, um die Software untereinander zu harmonisieren. Wir haben die Geduld unserer Kunden ein wenig überstrapaziert.” Klein ergänzt, diesen Fehler “schleunigst wieder gutmachen” zu wollen. Ein Ansatzpunkt sei hierbei, die neue “maßgebliche Technologie SAP Hana” den Kunden besser verständlich zu machen.
Datenschutz ist für den SAP-Chef nach wie vor ein Teil des Geschäftsmodells, obwohl er sich in Bezug auf die Verwendung von anonymisierten Daten ein wenig mehr Mut und Entschlossenheit der deutschen Politik wünschen würde. Aus purer Angst vor dem Verlust des Datenschutzes verpasse Deutschland “enorme Chancen”, befindet er. „Ich würde mir auch wünschen, dass der Staat vorangeht und endlich mal seine Verwaltung digitalisiert”, stellt Klein klar. Auch das Thema Bildung umtreibt ihn, denn er findet, dass in Deutschland “völlig falsch” ausgebildet werde. „Doch während sich die technologischen Trends und die Realität da draußen rasend schnell ändern, diskutieren wir langatmig darüber, ob Schulen und Universitäten vielleicht einmal neue Lehrpläne benötigen”, kritisiert der SAP-Chef.